Seit Mitte Juni gibt es in Deutschland mehrere Millionen Mal am Tag ein Gespräch, das ungefähr so aussieht: „Hallo“, sagt einer der beiden Teilnehmer, „Ich bin 0xFD6F.“ „Großartig“, sagt der andere, „lasst uns Zahlen tauschen.“
Und so passiert es. Die beiden speichern sich gegenseitig die Nummer. Und wenn Sie nach zwei Wochen nichts voneinander hören, löschen Sie den Kontakt erneut.
Die Gesprächspartner sind natürlich keine Menschen, und beim Austausch von Nummern geht es nicht um ein romantisches Date. Mobiltelefone mit der neuen installierten Corona-Alarm-App sprechen nach diesem Muster miteinander. Diese App soll gegen die Verbreitung von Corona helfen. Viele Menschen in Deutschland wollen teilnehmen: Nach nur zwei Wochen hatte die App mehr als 14 Millionen Downloads.
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Die Idee ist eigentlich sehr einfach. Das Allgemeine an dem Virus ist, dass Sie jemanden infizieren können, bevor Sie sich überhaupt krank fühlen. Und wenn eine Person, nennen wir sie Paul, krank wird, ist es sehr schwierig herauszufinden, mit wem Paul in Kontakt stand – wer möglicherweise bereits infiziert ist, ohne es zu wissen. Paul muss sich daran erinnern, wo er war und wen er in den letzten Tagen getroffen hat. Und dann müssen alle diese Leute informiert werden.
Die App macht das jetzt fast vollständig automatisch. Die Erfinder der App dachten: Fast jeder hat fast immer sein Handy dabei. Wenn Pauls Handy sich jetzt daran erinnern könnte, was andere Handys in der Nähe waren, müsste sich Paul nicht schwer daran erinnern.
Die App verwendet Bluetooth. Dies ist ein Kurzstreckenradio, das für Kopfhörer und Mikrofone erfunden wurde. Die App sendet jetzt ein Signal über Bluetooth, nämlich: 0xFD6F. Das bedeutet ungefähr: Ich bin eine Corona-App und suche nach anderen Corona-Apps in meiner Nähe.
Wenn zwei Apps nahe genug beieinander liegen (z. B. im selben Raum), tauschen sie eine verschlüsselte Zeichenfolge aus. Sie können nicht sagen, wem das Telefon gehört. Das ist gut für den Datenschutz. Es wird auch nicht dort aufbewahrt, wo das Treffen stattgefunden hat – das geht auch niemanden etwas an. Die App merkt sich jedoch, wie lange das Meeting gedauert hat und wie weit die Mobiltelefone zumindest ungefähr voneinander entfernt waren.
Angenommen, Paul und Paula sitzen länger als 15 Minuten zusammen in einem Bus und sind weniger als zwei Meter voneinander entfernt. In diesem Fall kann es leicht zu einer Infektion kommen. Was ist, wenn Paul Fieber bekommt und das verdammte Virus hat?
Paul meldet sich nun über seine App als infiziert. Dafür braucht er einen Code vom Gesundheitsamt, sonst funktioniert es nicht. Diese Regel existiert, damit niemand nur krank anruft und Panik sät. Aber Paul hat den Code und kann berichten. Ein Geheimcode von Paul wird jetzt an alle Mobiltelefone gesendet. Dies geschieht ungefähr einmal am Tag. Und alle Handys können jetzt überprüfen, ob Pauls Handy jemals in der Nähe war.
Paulas Handy zeigt dann eine Warnung an: Es gab einen Kontakt, Sie wurden möglicherweise infiziert. Die App sagt nicht, wo und wann das war und schon gar nicht, wem das Telefon gehört. Niemand findet heraus, dass Paula infiziert sein könnte. Jetzt kann sie getestet und vorsichtshalber unter Quarantäne gestellt werden.
So viel Datenschutz macht Sinn. Denn damit die App richtig funktioniert, müssen möglichst viele Personen teilnehmen. Dies tun sie jedoch nur, wenn sie sicher sein können, dass die App sie nicht kontrolliert. Wo du bist und mit wem du dich triffst, geht niemanden etwas an. Die Corona App berücksichtigt dies.
Dieser Artikel wurde veröffentlicht in „Dein SPIEGEL“ 08/2020.
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