EINrmin Laschet hat wieder einen vollen Terminkalender, fast wie vor der Koronapandemie. Am Wochenende traf der christdemokratische Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen seinen Beamten und Parteimitglied aus Sachsen-Anhalt. Reiner Haseloff: Pressekonferenz vor dem Bauhaus in Dessau-Roßlau, Fotomöglichkeit vor der Schlosskirche in Wittenberg, wo Martin Luther seine 95 Thesen veröffentlicht haben soll, Stadtrundgang zum Lutherhaus.
Alles hat eine große politische Bedeutung, schließlich ist es das 30. Jahr der deutschen Einheit. Laschet und Haseloff wollen „die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern stärken“.
Ein eher ungewöhnliches Datum, da der Kampf gegen die Covid-19-Pandemie seit Monaten Laschets politische Agenda dominiert: wöchentliche, manchmal tägliche Pressekonferenzen zur Situation, akutes Krisenmanagement (als die Bezirke Heinsberg, Gütersloh und Warendorf zu Hotspots wurden) sowie Interviews und Talkshows. Der Ausnahmezustand ist normal geworden, die Korona bedroht ein Alltagsgefühl.
Zusätzlich zu seiner offiziellen Tätigkeit kümmert sich Laschet gelegentlich um Parteiangelegenheiten; Er ist auch Vorsitzender der NRW-CDU, des Landesverbandes mit der größten Mitgliederzahl. Am Freitag reiste er nach Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet und traf die besten Kandidaten seiner Partei für die Kommunalwahlen im September.
CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach überreichte ihm am Donnerstag in seiner Staatskanzlei in Düsseldorf den Abschlussbericht einer Regierungskommission mit weitreichenden Empfehlungen zur Stärkung der inneren Sicherheit.
Zuvor verbrachte Laschet fast vier Tage in Griechenland, um auf die verzweifelten Bedingungen in Flüchtlingslagern an der EU-Außengrenze aufmerksam zu machen. Vor allem die überraschende Reise in die Ägäis zeigt Laschets Willen, endlich aus dem monothematischen Alltag auszubrechen: Corona ist auch für ihn zur Falle geworden und hinterlässt in diesem Bereich einen kontroversen Eindruck. Zwar können Infektionsausbrüche in NRW-Hotspots wie Gütersloh relativ schnell eingedämmt werden. „Nordrhein-Westfalen hat diese Krise trotz allem gut überstanden“, sagte Laschet selbst. Aber: das gilt nicht für sich.
Ab April musste sich der Ministerpräsident mit Kommunikationsfehlern auseinandersetzen. Infolgedessen nahmen die Probleme zu, ebenso wie Irritationen und Unsicherheiten. Seine Behauptung, rumänische und bulgarische Arbeiter aus dem Schlachthaus von Tönnies hätten das Virus hierher gebracht, verursachte sogar diplomatische Komplikationen. Die Opposition in Nordrhein-Westfalen beschwerte sich, dass der Ministerpräsident nicht mehr wisse, was er sage.
Seine Aussage, dass Tönnies „jetzt“ dem Gesetz und den Statuten gehorcht, erweckte den Eindruck, dass zuvor das Gegenteil der Fall gewesen wäre. Während eines Besuchs in Anne Wills Talkshow sah er irritiert und überwältigt aus, als hätte er die Grenzen seiner Möglichkeiten erreicht.
Schweißskizze, die unter Stehen leidet
Corona-Vorschriften in anderen Staaten führten ebenfalls zu Widersprüchen und es gab anderswo Kontaminationsquellen. Nordrhein-Westfalen kam immer wieder ins Spiel und wurde zumindest in den Medien immer wieder zum Beispiel für ein Krisengebiet. Und Laschet zieht nationale Aufmerksamkeit auf sich. Eigentlich ein Segen für einen Staatspolitiker.
Aber seit einiger Zeit hat ihm diese Tatsache im Gegenteil wenig gebracht – in einem entscheidenden Stadium aller Dinge, denn Laschet strebt nach höheren Dingen. Der 57-Jährige will CDU-Chef, Kanzlerkandidat und schließlich Chef der nächsten Bundesregierung werden.
Diejenigen, die in Parteikämpfen oft unterlegen waren – aber auch unterschätzt -, konnten zunächst ihre Hoffnungen wecken. Die Koronapandemie ist ein praktischer Test für die Exekutive. Jeder, der eine Regierungsposition innehat, kann sich als Krisenmanager auszeichnen. Oder vielleicht nicht. Laschet ist auf jeden Fall schlimmer als vor April. In Umfragen möchte eine Mehrheit der Befragten, einschließlich der Wähler der Union, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der nächste Kandidat für die Kanzlerschaft ist. Auch der Konkurrent Friedrich Merz, der in der Corona-Krise nur Zuschauer ohne Büro ist, steht vor Laschet.
Laschet behauptet, dass er Umfragen nicht viel Aufmerksamkeit schenke, da sie sich schnell ändern können. Wenn jedoch mehrere Studien zu vergleichbaren Ergebnissen führen, wird ein Bild stärker und es entstehen Gewissheiten. Laschet ist daher nicht viel vertrauenswürdiger, noch weniger als vor der Corona-Krise.
Der Absturz war noch schneller, weil es in Söder ein Staatsoberhaupt gibt, das die Krise besser bewältigen kann. Seine unerschütterliche Überlegenheit des Präsidenten steht im Gegensatz zu Welds emotionaler, flüchtiger Natur. Bayern inklusive nach Angaben des Robert Koch Instituts die meisten Infektionen, die meisten Todesfälle durch Covid-19 und lokale Ausbrüche – aber nichts davon spiegelt sich in der Wahrnehmung wider.
Laschets Position leidet unter anderem, weil der ständige Vergleich mit Söder zu einem Ritual geworden ist. Auch die Opposition in Nordrhein-Westfalen setzt darauf. Sie hatte den Premierminister lange Zeit nicht widerlegen können. Die ehemalige Regierungspartei, die SPD, sah erschöpft aus und Angriffe auf die Landesregierung scheiterten.
Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag und möglicher Laschet-Herausforderer bei den Landtagswahlen 2022, lobte ausgerechnet Söder. Der bayerische Ministerpräsident hat sein Land bisher besser durch die Krise geführt als Laschet NRW. Wir brauchen weniger Laschet, aber mehr Söder “, sagte Kutschaty in einem Interview mit der „New Westphalian“.
Verteidiger von Merkels Asylpolitik bis heute
Sogar die Bundeskanzlerin hat kürzlich den Eindruck erweckt, dass sie mehr an Söder als an Laschet denkt. Angela Merkels (CDU) Besuch des Schlosses Herrenchiemsee verwandelte sich in eine königlich aussehende politische Seife: Die Kutschfahrt, das Treffen mit dem bayerischen Kabinett im goldenen Spiegelsaal und die gegenseitige Schmeichelei auf der Pressekonferenz zeigten, dass Merkel Bayern ernst nimmt und seinem Streben nach Gunst mit Sicherheit gerecht wird.
Immerhin wird die Kanzlerin bald für ein gewisses Gleichgewicht sorgen: Sie will Mitte August Laschet und sein Staatskabinett besuchen. Der Besuch der ehemaligen Zollverein Zollverein in Essen sollte viel nüchterner sein.
Laschet war ihr während Merkels größter Krise treu geblieben; Bis heute verteidigt die stellvertretende Bundes-CDU ihren umstrittenen Kurs in der Asylpolitik und die Aufnahme von Hunderttausenden von Menschen im Jahr 2015.
Die Erinnerungen wurden geweckt, als Laschet vor einer Woche nach Griechenland reiste und mit seinem Stellvertreter Joachim Stamp (FDP) das überfüllte Flüchtlingslager Moria auf Lesbos besuchte. Er brachte ein oft unterdrücktes Thema wieder auf die Tagesordnung, die ungelöste Frage, wie die EU mit den rund 14.000 Menschen dort umgehen soll.
Der Besuch musste früher enden, als sich Gruppen von Menschen bildeten und der Delegation „Free Moria“ riefen. Laschet sprach später von einer „Empörung über die Verzweifelten“ und warnte: „Die ganze EU muss jetzt aufwachen.“
Nordrhein-Westfalen ist bereit, einige der besonders schutzbedürftigen Menschen aufzunehmen. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft „bietet jetzt die Möglichkeit, eine dauerhafte Lösung zu entwickeln“. Laschet richtete seinen Appell direkt an Merkel. Er macht sich in seiner Partei mit so schwierigen Themen nicht beliebt. Zum größten Teil gab es keine signifikanten Reaktionen auf seinen Fortschritt.
Es gibt einen internen Alarm bezüglich des Söder-Spahn-Szenarios
Die Christdemokraten wissen immer noch nicht, wer im Dezember die Parteiführerin Annegret Kramp-Karrenbauer ablösen soll. Laschet als Leiter des größten CDU-Landesverbandes sollte eigentlich als fester Bestandteil angesehen werden.
Er hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ins Team geholt und damit eine der Hoffnungen der Partei mit einbezogen. Spahn, dessen Ruf wie Söders während der Pandemie wächst, bekräftigt seine Loyalität zu Laschet. Das hindert die Christdemokraten aus Hamburg und Baden-Württemberg nicht daran, sich öffentlich für Spahn als Parteivorsitzenden und Söder als Kanzlerkandidaten auszusprechen.
Laschet ist nach außen demonstrativ ruhig und wägt in Interviews ab, dass es in der Corona-Krise ein Match mit Söder gibt. Er erinnert sich an seinen Standardsatz: Sein Platz ist in Bayern. Aber es gibt schon lange einen internen Alarm. Camp Laschets will verhindern, dass das Spahn-Söder-Szenario zur besten Alternative wird. Die NRW-Staatsminister Herbert Reul (Innen) und Karl-Josef Laumann (Arbeit / Gesundheit) sprechen sich öffentlich gegen den CSU-Chef aus. „Ich habe noch nie einen bayerischen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gesehen“, sagte Laumann von der „Neuen Westfälischen“.
Die Situation bleibt verwirrend. Der bayerische Ministerpräsident hat nun vorgeschlagen, den Kandidaten für den Kanzler der Union erst im März 2021 zu wählen. Für ihn ist die K-Frage daher mit der Ernennung des CDU-Vorsitzes nicht entschieden. Laut Laschet sollten jedoch beide in einer Hand sein. Die beiden sind nicht nur Antipoden im Kampf gegen Pandemien, sie sind auch schon lange in der Union präsent.
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