Plötzlich reden alle über Venus. Der Grund für das erneute Interesse an unserem Nachbarplaneten ist eine jüngste Entdeckung, die Forscher in der Atmosphäre gemacht haben: Mit Hilfe von zwei Radioteleskopen fand ein internationales Team dort extrem niedrige Konzentrationen des Gases gefunden Monophosphan.
Gas wird auf der Erde als Stoffwechselprodukt bestimmter Mikroorganismen erzeugt. Sind die Messungen also ein Hinweis auf das Leben in den Wolken der Venus?
Selbst wenn nur winzige Mikroorganismen in der Atmosphäre weit über der – extrem feindlichen – Oberfläche des Planeten existieren würden, wäre dies eine Sensation: Wissenschaftler hätten nicht nur zum ersten Mal Leben außerhalb der Erde entdeckt, sondern auch find wäre auch in unserer unmittelbaren umgebung erfolgreich gewesen. Aus rein statistischer Sicht würde dies bedeuten, dass das gesamte Universum von wenigen großen und kleinen Wesen bevölkert wird.
Die Forscher würden durch eine Mission, die sich speziell um die Wolken dreht, etwas mehr Gewissheit darüber gewinnen, was auf der Venus passiert ist. „Es ist Zeit, der Venus Platz zu machen“, twitterte NASA-Chef Jim Bridenstine als Antwort auf die Entdeckung von Monophosphan.
Aber interplanetare Missionen erfordern viele, viele Jahre Vorbereitung – und viele, viele Millionen Dollar, Euro und Rubel, um finanziert zu werden. Dies ist einer der Gründe, warum der lange geplante Venus-Landeroboter „Venera-D“ in Russland ständig verzögert wird. Es ist derzeit in den Büchern für das Ende des Jahrzehnts. Moskau weiß jedoch nicht einmal, inwieweit es mit internationalen Partnern wie der NASA zusammenarbeiten möchte.
Die Venus-Sonden der NASA müssen sich gegen andere Missionen verteidigen
Sie denken bei der US-Raumfahrtbehörde über zwei kleinere Venus-Sonden genauer. „Davinci +“ und „Veritas“ gehören zu den sogenannten Entdeckungsmissionen, von denen vier im Detail untersucht werden. Nächstes Jahr plant die US-Raumfahrtbehörde, ein oder zwei auszuwählen. Die beiden Venus-Roboter müssten sich mit Konkurrenten messen, die zu Jupiters Mond Io und Neptuns Mond Triton fliegen würden.
Wenn keine der kleineren Venus-Sonden im Dienstplan verbleibt, kann man auf eine sogenannte Flaggschiff-Mission der NASA hoffen. Aufgrund der hohen Kosten sendet die Raumfahrtbehörde jedes Jahrzehnt nur ein oder zwei davon. Ein Konzept denn es gibt eine Flaggschiff-Mission zur Venus, aber selbst unter optimalen Bedingungen würde sie ihr Ziel erst Mitte des nächsten Jahrzehnts erreichen. Wahrscheinlich sogar viel später.
Kann in drei Jahren beginnen
Peter Beck will viel schneller zur Venus kommen. Der neuseeländische Unternehmer leitet das Raumfahrtunternehmen Rocket Lab. Mit kleinen, relativ preiswerten Raketen beförderte er Neuseeland und bald auch die Ostküste der USA. Satelliten umkreisen die Erde.
Aus eigenen Mitteln Becks Unternehmen hat eine Satellitenplattform namens „Photon“ entwickelt, die alleine fliegen und eine Nutzlast von bis zu 170 Kilogramm in die Umlaufbahn bringen kann. Ein erster Test war Ende August erfolgreich. Eine solche Sonde könnte bereits 2023 auf dem Weg zu unserem Nachbarplaneten sein. „Es ist sehr schwierig für Regierungen, schnell zu handeln, aber eine private Mission kann das“, sagte Beck im Gespräch mit der BBC.
Pläne aus Bremen
Die Venus-Sonde von Rocket Lab würde den Planeten nicht umkreisen. Es hat nicht genug Kraftstoff für das notwendige Bremsmanöver. Stattdessen würde es am Planeten vorbeifliegen und einen winzigen Roboter in die Atmosphäre abgeben. Auf dem Weg an die Oberfläche, so Beck, kann die Sonde die Gashülle messen und zum „Photon“ zurückzünden.
Das deutsche Raumfahrtunternehmen OHB in Bremen hat ebenfalls einen konkreten Plan für eine Reise zur Venus. Firmenchef Marco Fuchs hatte sich bereits im vergangenen Jahr für eine Mission eingesetzt. (Lesen Hier ein Interview zu diesem Thema.) Einige Tage vor dem Bericht über das Monophosphin schloss das Unternehmen eine interne Studie dazu ab. „Das passte wie eine Faust, aber es war reiner Zufall“, sagt Fuchs in einem Interview mit SPIEGEL.
Das Konzept sieht einen Orbiter vor, der auf einer Ariane oder einem Falcon Heavy von SpaceX starten könnte. Ohne Treibstoff würde es ungefähr zwei Tonnen wiegen und die Venus in einer Höhe von ungefähr 50 Kilometern umkreisen. Seine Spezialität: Die Sonde würde zwei Ebenen, eine größere und eine kleinere, in die Atmosphäre abgeben. Dort konnten sie bis zu drei Monate autonom unterwegs sein und Daten sammeln.
„Dieses Konzept würde sicherlich rund 500 Millionen Euro kosten. Wir können eine Mission dieser Größenordnung vorschlagen, aber wir können sie nicht selbst bezahlen“, sagt Fuchs. Das heißt: Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und ihre Mitgliedstaaten sollten sich theoretisch damit befassen. Denn für ein solches Projekt ist in der aktuellen Finanzplanung praktisch nichts geplant.
Stattdessen denkt Esa an eine etwas kleinere Venus-Mission namens „EnVision“, die 2032 in Zusammenarbeit mit der NASA beginnen könnte. Daran wäre auch die Bremer Firma beteiligt. Ob „EnVision“ jemals fliegen wird, ist bestenfalls im kommenden Jahr klar.
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