Bei den Verhandlungen über den Handelspakt der EU mit Großbritannien zeichnet sich ein Durchbruch ab. Die Gespräche könnten bald abgeschlossen werden, hieß es aus EU-Kreisen. Der letzte Streitpunkt war die Frage der Fischereirechte.
Im Brexit-Streit streben die Europäische Union und Großbritannien offenbar ein Abkommen an. Es war „in der Endphase“, hieß es aus Kreisen der EU-Kommission. Offensichtlich bereiten die EU-Mitgliedstaaten derzeit die vorläufige Anwendung des britischen Handelsabkommens ab dem 1. Januar vor. Aus mehreren anderen Quellen wurde gesagt, dass der lange, sehr schwierige Punkt des fairen Wettbewerbs nun geklärt wurde.
Der zweite Knackpunkt, das Fischen, ist jetzt sehr nahe. Anscheinend muss jetzt nur noch eine Frage zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem britischen Premierminister Boris Johnson geklärt werden: Auf wie viel Fisch in der Nordsee müssen die EU-Fischer in Zukunft verzichten. Auf 25 Prozent des vorherigen EU-Fangs, wie Brüssel vorschlägt? Oder 60 Prozent, wie Johnson verlangt.
De facto diskutieren beide Seiten derzeit einen Fischfang im Wert von rund 200 Millionen Euro. Denn der Wert des von der EU in britischen Gewässern gefangenen Fisches liegt bei rund 650 Millionen Euro. Aus Sicht der EU-Diplomaten ist eine Differenz von rund 200 Millionen Euro zwischen dem EU-Angebot und der britischen Nachfrage keine Summe, die dazu führen würde, dass Johnson oder von der Leyen das Post-Brexit-Abkommen nicht bestehen.
Morgen früh abstimmen?
Für den Fall, dass sich beide Seiten am Abend auf den Vertrag über die künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union einigen, fordert die von der Leyen-Kommission die Botschafter der Mitgliedstaaten auf, morgen früh über das Abkommen zu diskutieren und darüber abzustimmen.
Beide Seiten verhandeln seit Monaten ab dem 1. Januar über einen Handelspakt. Dann endet die Brexit-Übergangsphase. Wenn ein Durchbruch gelingt, könnte ein schwerer wirtschaftlicher Bruch zum Jahresende in letzter Minute vermieden werden.
Barnier: „Letzter Versuch“
EU-Verhandlungsführer Michel Barnier kündigte am Dienstag an, dass die Europäische Union trotz tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten über die Fischereirechte einen „letzten Stopp“ für ein Brexit-Handelsabkommen mit Großbritannien einlegen werde. In Brüssel informierte er anschließend die Vertreter der EU-Staaten hinter verschlossenen Türen über den Stand der Verhandlungen.
Die EU sei bereit, die Gespräche auch nach Jahresende fortzusetzen. Die britische Regierung hat sich bisher geweigert, die Übergangsfrist über den 31. Dezember hinaus zu verlängern.
Höhere Zölle und Chaos an den Grenzen im Falle eines Scheiterns?
Johnson hatte erklärt, dass er keiner Vereinbarung zustimmen würde, die die britische Souveränität untergraben würde. Großbritannien ist seit Januar nicht mehr offiziell Mitglied der EU. Es gibt jedoch eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember, in der die Regeln der Union weiterhin gelten.
Sollte es ohne ein neues Abkommen auslaufen, würden die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) für den Handel gelten. Experten befürchten dann höhere Zölle und Chaos an den Grenzen. Vor kurzem berichteten diplomatische Kreise der EU, dass die EU aus verfahrenstechnischer Sicht mindestens vier Tage benötigen würde, um sicherzustellen, dass ein ausgehandeltes Abkommen ab dem 1. Januar 2021 umgesetzt wird.
Mit Informationen von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel
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