D. D.Das prähistorische Klima unseres Planeten unterlag ständigen, manchmal bedeutenden Veränderungen. Diese natürlichen Schwankungen traten nicht so schnell auf wie die heutigen künstlichen Klimakapern. Aber sie konnten die Erde immer noch von sehr heißen zu extrem eisigen Bedingungen bewegen. Das Wissen über das Paläoklima war jedoch noch recht unvollständig und es gab starke Schwankungen in der Genauigkeit der gemessenen Werte.
Zum ersten Mal hat eine internationale Forschergruppe ein Bild des Erdklimas in den letzten 66 Millionen Jahren erstellt, das auf einheitlichen Messungen und konsistenten Interpretationen basiert. In dieser Ära, dem New Earth Age, durchlief das Klima vier deutlich unterschiedliche Phasen. In der heißesten Klimaphase, die Klimatologen als „Gewächshaus“ bezeichnen, waren die Durchschnittstemperaturen bis zu 15 Grad höher als jetzt. Aus geologischer Sicht ähnelt das heute vorherrschende Klima einem Gefrierschrank, der auch als „Eishaus“ bezeichnet wird.
Die 24-köpfige Forschungsgruppe unter der Leitung von Thomas Westerhold Marum Zentrum für Meeresumweltwissenschaften (Marum) de Universität Bremen verwendeten insgesamt vierzehn Kerne für ihre Forschung, die in den letzten zwei Jahrzehnten in die Sedimente verschiedener Ozeane gebohrt worden waren. Diese Ablagerungen decken die gesamte Ära der Neuen Erde ab, die vor 66 Millionen Jahren mit dem Paläozän begann und mit dem heutigen Holozän endete. Da es keine direkten Messungen für vergangene Temperaturen gibt, waren die Wissenschaftler von Westerhold auf sogenannte Klima-Proxys angewiesen, aus denen frühere Temperaturen abgeleitet werden können. Mehrere solche indirekten Indikationen finden sich in marinen Sedimenten.
Limettenschalen als Temperatursonden
Um ihre umfangreichen Analysen so einheitlich wie möglich zu gestalten, konzentrierten sich Westerhold und seine Kollegen auf die Spuren von Sauerstoff- und Kohlenstoffisotopen in den Kalkschalen mariner Mikroorganismen. Für die Forscher waren jedoch nur zwei der mehr als 10.000 Arten von Interesse. Dies sind die Foraminiferen der Gattungen Cibicidoides und Nuttalides, die auf dem Meeresboden leben. Da diese beiden Arten während der gesamten Neuzeit der Erde weitgehend unverändert existierten, ermöglichten sie eine einheitliche Analyse des Paläoklimas über den gesamten Zeitraum seit 66 Millionen Jahren.
Für ihre paläoklimatischen Analysen verwenden die Westerhold-Forscher unter anderem eine Messmethode, die auf der Chemie des amerikanischen Nobelpreisträgers basiert Harold Urey (1893 bis 1981) geht zurück. Es basiert auf der Tatsache, dass die drei natürlichen Sauerstoffisotope in drei verschiedenen Konzentrationen vorliegen. Das am häufigsten vorkommende Isotop mit durchschnittlich 99,76 Prozent ist Sauerstoff-16 (¹⁶O) mit acht Protonen und acht Neutronen im Atomkern. Andererseits ist Sauerstoff-17 (¹⁷O) mit 17 Neutronen mit 0,04 Prozent die seltenste Variante. Sauerstoff-18 (¹⁸O) kommt in der Natur mit durchschnittlich 0,2 Prozent vor. Da es zwei Neutronen mehr als ¹⁶O hat, ist es auch etwas schwerer. Beim Verdampfen von Meerwasser ist Sauerstoff-18 gegenüber O aufgrund seines etwas höheren Gewichts im Nachteil. Damit es verdunstet, muss die Wassertemperatur etwas höher sein als bei der leichten Sauerstoffvariante ¹⁶O.
Daraus hatte Urey zu Recht geschlossen, dass kaltes Meerwasser mehr Sauerstoff als warmes Wasser enthält. Beispielsweise ist bei einer Kälteperiode der ¹⁸O-Gehalt im Seesediment und damit auch in den Kalksteinschalen der Foraminiferen etwas höher als der Durchschnitt. Wenn andererseits das Erdklima von einer heißen Periode dominiert wird, verdunstet mehr Sauerstoff-18 und der Anteil dieses Isotops in den Kalkschalen nimmt ab. Unterschiede im Verhältnis der Isotope 16O und 18O können daher direkt in die Temperatur umgewandelt werden, die während einer kalten und einer warmen Phase herrscht. Sie werden so zum Klima-Proxy. Ähnliche Schlussfolgerungen über das prähistorische Klima können aus dem Verhältnis der beiden Kohlenstoffisotope ¹³C und ¹²C gezogen werden.
Wie die Wissenschaftler um Westerhold in der Zeitschrift „Science“ berichten, Mithilfe der Beziehungen zwischen den Sauerstoff- und Kohlenstoffisotopen in den Sedimenten gelang es ihnen, das Klima der gesamten Erdperiode der Neuzeit auf einheitliche Weise darzustellen. Die globale Temperatur wurde als Maß verwendet.
Der heiße Planet kühlte ab
Es ist seit langem allgemein bekannt, dass es zu Beginn des Eozäns vor etwa 45 bis 55 Millionen Jahren auf der Erde besonders heiß war. Seitdem hat sich unser Planet kontinuierlich auf durchschnittlich vier Grad kälter abgekühlt als heute während der quaternären Eiszeit. Aus den neuesten Analysen schließen die Forscher, dass die Durchschnittstemperatur zwischen dem Eozän und der Eiszeit um bis zu 20 Grad gesunken ist.
Insgesamt identifizierten die Westerhold-Wissenschaftler vier verschiedene Klimaphasen. In den ersten zehn Millionen Jahren des New Age (Paläozän) und zwischen 50 und 35 Millionen Jahren später (Eozän) herrschte das Klima des „warmen Hauses“, in dem es zwischen vier und zwölf Grad wärmer war als heute. Die extrem heiße Zeit während des Eozäns wurde als „Gewächshaus“ -Phase bezeichnet. Zu Beginn des Oligozäns vor etwa 34 Millionen Jahren kam es zu einer deutlichen, recht plötzlichen Abkühlung der Erde um etwa drei Grad.
Zu diesem Zeitpunkt begann sich in der Ostantarktis die noch vorhandene Eisrüstung zu bilden. Diese Phase dauerte etwa zwanzig Millionen Jahre, bis es mitten im Miozän erneut zu einem Temperaturabfall kam. Die Forscher nennen beide Epochen „Coolhouse“. Der bisher kälteste Teil des New Age, die „Icehouse“ -Phase, begann vor etwa zwei Millionen Jahren mit der Eiszeit und dauert bis heute an – unabhängig von der durch Menschen verursachten globalen Erwärmung Klimawandel.
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