Berlin: Die Holocaust-Überlebende Gertrude Pressburger, die im österreichischen Präsidentschaftswahlkampf 2016 mit einer Videobotschaft berühmt wurde, in der „Mrs. Gertrude“, die vor Hass und Ausgrenzung durch Rechtsextreme gewarnt hatte, ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Pressburger sei am Freitag nach langer Krankheit gestorben, teilte ihre Familie am Samstag der österreichischen Presseagentur APA mit.Lesen Sie auch – Geschichten von Juden, die in Indien Zuflucht gefunden haben, erzählt am Internationalen Holocaust-Gedenktag der UN
Pressburger ist als Tochter eines Zimmermanns in Wien geboren und aufgewachsen. Ihre jüdische Familie konvertierte Anfang der 1930er Jahre zum Katholizismus, was sie jedoch nicht davon abhielt, von den Nazis verfolgt zu werden, nachdem Österreich 1938 von Deutschland annektiert worden war. Nachdem ihr Vater von der Gestapo der Nationalsozialisten wegen angeblicher politischer Aktivitäten verhaftet und gefoltert worden war Der Familie sei die Flucht nach Jugoslawien und später nach Italien gelungen, berichtete die APA.
1944 wurde die Familie gefangen genommen und in das Vernichtungslager Auschwitz im von Deutschland besetzten Polen deportiert, wo ihre Mutter und zwei jüngere Brüder ermordet wurden. Auch ihr Vater wurde von den Nazis ermordet. Pressburger kehrte nach dem Krieg nach Wien zurück, sprach aber zunächst nicht über ihre entsetzlichen Leiden während des Holocaust. Schließlich beschloss sie, offen über den Holocaust und die antisemitischen Erfahrungen zu sprechen, die sie im Nachkriegsösterreich erlitten hatte.
„Ich bin nicht nach Wien zurückgekommen, um wieder unterdrückt zu werden. Ich trage mir vor, dass ich mir nichts mehr gefallen lasse. Ich werde mit meinem Mund kämpfen“, zitierte sie die APA.
Pressburger veröffentlichte auch eine Abhandlung, die sie zusammen mit der Autorin Marlene Groihofer verfasste. In dem Buch „Gelebt, Erlebt, Überlebt“ schildert sie die Ankunft ihrer Familie in Auschwitz im Jahr 1944.
Ihre Mutter und die beiden Brüder wurden auf einem Lastwagen weggeschickt. Gertrud selbst wurde in eine andere Richtung geschickt und verlor auch ihren Vater schnell aus den Augen. Pressburger suchte im Vernichtungslager ständig nach ihren Familienangehörigen, bis ein Fremder auf sie zukam, auf den Rauch aus den Schornsteinen hinter der Kaserne zeigte und ihr mitteilte, dass alle mit dem Lastwagen vertriebenen Menschen bereits vergast und verbrannt seien. Das, schrieb Pressburger, sei der Moment gewesen, in dem sie begriff, dass sie ermordet worden seien.
2016 wandte sich Pressburger in einem Online-Video an Österreichs jüngere Generation und warnte vor der Demütigung und Ausgrenzung von Minderheiten inmitten der rechtsextremen Rhetorik bei der Bundespräsidentenwahl. Sie rief junge Österreicherinnen und Österreicher auf, rauszugehen und zu wählen. Das Video wurde mehrere Millionen Mal angesehen und geteilt. „Ich habe nur gesagt, was ich dachte. Das ist es. Und das traf nach Hause. Ich habe nie verstanden, warum“, sagte sie danach der APA.
Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen von den Grünen sagte später, er sei sich sicher, dass sein Videoappell einen gewissen Einfluss auf das Wahlergebnis hatte, bei dem er nur knapp nach einer Wiederholung gegen den Kandidaten der rechtsextremen FPÖ, Norbert Hofer, gewann.
„Wir werden es nie mit Sicherheit wissen, aber dass es eine Wirkung hatte, das heißt eine Wirkung, und zwar vor allem auf junge und sehr junge Menschen, davon bin ich überzeugt“, sagte Van der Bellen.
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