SPIEGEL: Herr Schmeiser, was sind die ersten ängstlichen Momente in Ihrem Leben, an die Sie sich erinnern können?
Dietmar Schmeiser: Das sind die Nächte im Luftschutzkeller. Die Bombardierung von Karlsruhe begann 1942. Wir lebten dort in einem Vierfamilienhaus, und während des Krieges musste unsere Gemeinde nach jedem Voralarm etwa tausendmal in den Keller. Danach passierte meistens nichts mehr. Aber als der Hauptalarm ertönte, wussten wir: Jetzt wird es ernst. Unsere Straße wurde selten getroffen, aber zwei benachbarte Straßen wurden total zerstört. In unserem Keller schwankte der Boden, das Licht ging aus und sogar der Gymnasialprofessor Bresch, der uns sonst unterhielt, verstummte. Wenn ich heute verbrannte Lumpen oder Kochgas rieche, denke ich in diesem Moment. Es hat mich so lange emotional beschäftigt, dass ich 2005, mehr als 60 Jahre später, ein weiteres Buch darüber schrieb.
SPIEGEL: Erschrecken dich diese Erinnerungen immer noch?
Schmeiser: In der Zwischenzeit hat sich ein gewisses Sahnehäubchen darüber gelegt. Ich erinnere mich heute positiver an diese Jahre als früher. Aber ich kann mich immer noch in die Verzweiflung meiner Mutter einfühlen, die ihren Mann langsam sterben sah. Mein Vater wurde 1943 in der Panzerschlacht bei Kursk schwer verletzt und zur Operation nach Berlin geflogen. Er wurde dann in ein Reservekrankenhaus in unserer Nähe gebracht, wo er nach neun Monaten Leiden starb.
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