Mehr als erwartet: Mehr als vier von fünf COVID-19-Patienten leiden laut einer neuen Studie an neurologischen Symptomen – von Kopfschmerzen und Muskelschmerzen bis hin zu Hirnschäden. Dafür können Antikörper verantwortlich sein, die der Körper gegen das Virus produziert. Wie Forscher jetzt gezeigt haben, binden einige Antikörper nicht nur an das SARS-CoV-2-Virus, sondern auch an die körpereigenen Strukturen, einschließlich im Gehirn.
Zusätzlich zu den Atemwegen und Lungen betrifft das SARS-CoV-2-Coronavirus viele andere Organsysteme, einschließlich Nerven und Gehirn. Symptome sind Riechstörungen, Enzephalitis sowie eine chronische ErschöpfungDies dauert manchmal Monate, nachdem eine Infektion überwunden wurde. Die neurologischen Folgen treten häufig auch bei Patienten auf, die nur „klassische“ Covid 19-Symptome haben leicht ausgeprägt sein.
Neurologische Symptome sind häufiger als erwartet
Eine neue Studie legt nun nahe, dass die neurologischen Nebenwirkungen häufiger auftreten als bisher angenommen. Forscher unter der Leitung von Eric Liotta von der University of Chicago bewerteten Daten von 509 Patienten, die im Frühjahr 2020 wegen Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden. 42,2 Prozent dieser Patienten hatten bereits zu Beginn der Infektion neurologische Symptome, 62,7 Prozent bei Krankenhauseintritt.
Insgesamt hatten 82,3 Prozent der Patienten im Verlauf ihrer Krankheit neurologische Symptome. Laut der Studie waren jüngere Menschen davon betroffen. Die Wissenschaftler begrenzen jedoch die Tatsache, dass ältere Patienten eine medizinische Behandlung erhalten können, die sich auf andere Probleme konzentriert, so dass milde neurologische Symptome übersehen werden können.
Enzephalopathie bei jedem dritten Covid-Patienten
Am häufigsten waren Muskelschmerzen (44,8 Prozent) und Kopfschmerzen (37,7 Prozent). Fast ein Drittel der Patienten litt während ihrer COVID-19-Krankheit an Enzephalopathie, dh Krankheit oder Hirnschädigung. Dies manifestiert sich beispielsweise in einem reduzierten Bewusstsein. Patienten mit Enzephalopathie wurden durchschnittlich dreimal länger ins Krankenhaus eingeliefert als Patienten ohne diese Komplikation, und ihre Prognose war schlechter.
„Diese hohe Prävalenz zeigt, dass neurologisches Fachwissen sehr gefragt ist und dass Patienten mit Covid-19 im Allgemeinen eine neurologische Versorgung erhalten sollten, da das Erkennen neurologischer Manifestationen insbesondere bei kritisch kranken Menschen nicht einfach ist“, sagte Peter Berlit der Deutschen Neurologischen Gesellschaft, die dies nicht tut. war an der Untersuchung beteiligt. „Wir haben in den letzten Monaten erfahren, dass Covid-19 nicht nur eine Lungenerkrankung ist, sondern dass das Virus mehrere Organe angreift, insbesondere das Gehirn und das Nervensystem.“
Was sind die Ursachen?
Aber was ist der Mechanismus dahinter? Bisher war unklar, ob das Coronavirus Nervenzellen im Gehirn direkt angreift oder ob der neurologische Schaden auf die körpereigene Immunantwort zurückzuführen ist. Eine Studie von Forschern unter der Leitung von Jakob Kreye vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) liefert nun Hinweise. Sie haben die Antikörper untersucht, die das Immunsystem zur Bekämpfung des Virus herstellt.
Das ursprüngliche Ziel der Studie war die Untersuchung der passiven Immunisierung, bei der Patienten als vorbeugende Maßnahme oder als Therapie Schutzantikörper erhalten. Zu diesem Zweck isolierten die Forscher etwa 600 verschiedene Antikörper aus zehn Covid 19-Patienten und testeten ihre Schutzwirkung gegen Hamster. In Tiermodellen könnte eine passive Immunisierung Krankheiten fast vollständig verhindern.
Antikörper gegen körpereigene Strukturen
Das Überraschende ist jedoch, dass, wie Kreye und seine Kollegen in zusätzlichen Tests an Mäusen feststellten, einige Antikörper nicht nur an das Virus, sondern auch an die körpereigenen Strukturen binden. Unter anderem reagierten einige der eher unreifen noch unspezifische Antikörper auch mit Hirngewebe. Dies könnte darauf hinweisen, dass möglicherweise ein Zusammenhang zwischen diesen Antikörpern und den neurologischen und Nachwirkungen von Covid-19 besteht.
„Als nächstes müssen wir klären, auf welche endogenen Proteine die SARS-CoV-2-Antikörper abzielen“, erklärt Kreyes-Kollege Harald Prüß. „Auch im Hinblick auf vermeidbare Komplikationen zukünftiger Impfungen ist eine mögliche Kreuzreaktivität mit den körpereigenen Strukturen von großer Bedeutung und muss nun weiter untersucht werden – sowohl experimentell als auch an Plasma- und Flüssigkeitsantikörpern großer Patientenkohorten.“ (Annals of Clinical and Translational Neurology, 2020); doi: 10.1002 / acn3.51210;; Cell, 2020; doi: 10.1016 / j.cell.2020.09.049)
Quelle: Deutsche Neurologische Gesellschaft eV
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