Vorläufige Entwarnung: Die Coronavirus-Mutationen in Nerzen haben für uns Menschen noch kein erhöhtes Risiko dargestellt. In Dänemark beispielsweise ist der Cluster-5-Mutation offenbar „die Puste ausgegangen“ – seit September gab es beim Menschen keine neuen Fälle mehr. Darüber hinaus scheinen die Mutationen der Nerzstämme von SARS-CoV-2 eine Infektion bei Nerzen zu begünstigen, nicht jedoch beim Menschen, wie neue Studien zeigen. Wissenschaftler sagen, dass Wachsamkeit immer noch erforderlich ist.
Das ist schon lange klar Coronavirus SARS-CoV-2 betrifft nicht nur den Menschen, sondern kann sich auch bei bestimmten Tieren gut vermehren. Nächster Katzen gehören vor allem Marderarten wie Frettchen, europäischer und amerikanischer Nerz. Seit Beginn der Pandemie sind in Nerzfarmen in mehreren Ländern, darunter Dänemark und den Niederlanden, Masseninfektionen aufgetreten. In einigen Fällen sprangen die Coronaviren auf Menschen vom Nerz zurück.
Cluster-5 hat zwei Besonderheiten
Das Problem dabei: Genetische Analysen zeigen, dass die in Nerzen zirkulierenden SARS-CoV-2-Stämme mehrere Mutationen entwickelt haben. Ein Teil davon betrifft einzelne Aminosäuren am Spike-Protein – die kronenartigen Auswüchse, mit denen sich das Virus an den ACE2-Rezeptor menschlicher Zellen bindet. Denn auch an dieser Bindungsstelle Antikörper Die Mutationen, die von unserem Immunsystem nach Infektion oder Impfung produziert werden, haben Bedenken hinsichtlich einer verminderten Wirksamkeit dieser Abwehr ausgelöst.
Dies gilt insbesondere für eine Kombination von vier Mutationen, die in Nerzen in Nordjütland nachgewiesen wurden. In Labortests zeigten diese „Cluster 5“ -Mutationen zwei Besonderheiten, wie Forscher des Danish Statens Serum Institute berichten: Coronaviren mit diesen Mutationen wachsen in menschlichen Zellkulturen zunächst zehnmal langsamer und töten weniger Zellen ab. Aber dann holen sie schnell auf und erzeugen nach 96 Stunden einen Virustiter ähnlich dem von SARS-CoV-2-Stämmen ohne diese Mutationen.
Die zweite Besonderheit: Bei Tests mit Antikörpern aus menschlichem Blutplasma gab es geringfügige Unterschiede im Stamm des Clusters 5: Serumproben mit hohen und mittleren Antikörperdosen wirkten gegen die mutierten Coronaviren genauso gut wie gegen nicht mutierte. In Serum mit einem geringen Gehalt an neutralisierenden Antikörpern war der Effekt jedoch 3,5-mal schwächer, wie Jannik Fonager und sein Team vom Danish Serum Institute berichteten.
Keine anderen Fälle in Dänemark
Diese Ergebnisse, kombiniert mit dem Nachweis des Stammes „Cluster 5“ bei zwölf Menschen in Nordjütland, lösten Anfang November drastische Gegenmaßnahmen aus, bei denen mehr als zehn Millionen Nerze in dänischen Nerzfarmen getötet wurden. Um die weitere Ausbreitung dieses mutierten Virus zu verhindern, wurden auch mehrere Orte unter strikte Quarantäne gestellt. Allerdings: Schon damals war unklar, ob sich die mutierte Form von SARS-CoV-2 überhaupt unter Menschen ausbreiten würde.
Jetzt stellt sich heraus: Schon vor diesen Maßnahmen scheint die Infektion mit dem mutierten Nerzstamm beim Menschen gestorben zu sein. Denn seit dem 15. September wurden in Dänemark trotz intensiver Überwachung und Tests keine weiteren Infektionen mit Cluster-5-Coronaviren registriert, wie das dänische Gesundheitsministerium vor einigen Tagen bekannt gab. Die Quarantäne in den betroffenen Gebieten wurde daher vorzeitig aufgehoben.
Bessere Bindung mit dem Nerz ACE2
Eine kürzlich durchgeführte Studie, in der Forscher unter der Leitung von Lucy van Dorp vom Imperial College London das Genom von 239 aus Nerz aus Dänemark und den Niederlanden isolierten Virusproben auf Mutationen und deren Auswirkungen analysierten. Insgesamt fanden sie 23 Mutationen, die in verschiedenen Nerzpopulationen wiederholt unabhängig voneinander aufgetreten waren. Drei dieser Mutationen betrafen das SARS-CoV-2-Spike-Protein, darunter eine, die zum Cluster 5-Stamm gehört.
Aber welchen Vorteil haben diese Mutationen für das Virus? Um dies herauszufinden, verwendeten die Forscher biochemische Modellsimulationen, um zu untersuchen, wie gut die mutierten Spike-Proteine an den menschlichen ACE2-Rezeptor oder den Nerzrezeptor binden.
Das Ergebnis: Zwei der drei Mutationen in den Nerzvirusstämmen scheinen die Bindung an den Zellrezeptor des Nerzes zu erleichtern, nicht jedoch an den ACE2-Rezeptor beim Menschen. Darunter befindet sich eine Mutation, die die Aminosäure Tyrosin auf dem Spike-Protein des Virus durch die kleinere Aminosäure Phenylalanin ersetzt. Infolgedessen passt die Bindungsstelle besser zum ACE-Rezeptor des Nerzes, der sich von dem des Menschen im Gegenstück dieser Aminosäure unterscheidet.
Kein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für den Menschen
Zusammenfassend kommen van Dorp und ihr Team zu dem Schluss: „Die überwiegende Mehrheit der Mutationen, die in SARS-CoV-2 bei Nerzen beobachtet wurden, scheinen beim Menschen einen neutralen oder sogar negativen Effekt zu haben.“ Stattdessen sind diese Mutationen eher Anzeichen dafür, dass sich das Coronavirus als neuer Wirt an den Nerz anpasst. Dies wird durch das äußerst seltene Auftreten dieser Mutationen in mehr als 56.000 SARS-CoV-2-Proben von menschlichen Patienten weltweit unterstützt.
„Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass diese adaptiven Mutationen des Coronavirus in Nerzen zu signifikanten Veränderungen in der Dynamik menschlicher Covid-19-Infektionen führen werden“, so van Dorp und ihre Kollegen. „Die sekundären Übertragungen von SARS-Co-V-2 vom Menschen auf den Nerz bieten uns stattdessen ein natürliches Labor, um die Anpassung des Virus an einen neuen Wirt zu untersuchen.“
Astrid Iversen von der Universität Oxford kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Die Mutationen im Zusammenhang mit Nerz, die wir bisher kennen, sind nicht mit einer schnelleren Ausbreitung oder Veränderungen im Krankheitsverlauf oder der Sterblichkeit beim Menschen verbunden“, sagt der Wissenschaftler.
Überwachung weiterhin erforderlich
Allerdings: Alle Forscher sind sich auch einig, dass Mutationen im Spike-Protein von SARS-CoV-2 streng überwacht werden müssen. Unabhängig davon, ob sie sich im Nerz oder beim Menschen entwickeln, bergen sie immer die Möglichkeit, die Infektiosität des Virus und die Wirksamkeit des Immunsystems zu verändern. (BioRxiv, doi: 10.1101 / 2020.11.16.384743;; Wissenschaft, doi: 10.1126 / science.abe5901;; Natur, doi: 10.1038 / d41586-020-03218-z)
Quelle: Natur, Wissenschaft, bioRxiv
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