Im vergangenen Jahr plante der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 („WirkaufenDeinAuto.de“) noch die Übernahme von Autoscout24. Der Marktplatz erschien als lukrative Ergänzung seines eigenen Geschäfts und ging schließlich eine Partnerschaft mit Mobile.de ein, um das digitale Gebrauchtwagengeschäft mit Privatkunden in Deutschland zu dominieren. Der Start bewegte sich jedoch nicht: Im März übernahm der kalifornische Private-Equity-Investor Hellman & Friedman das Portal für 2,8 Milliarden Euro.
Auto1 gab die Idee auf, Autos an Endverbraucher zu verkaufen, aber sicherlich nicht. Nur die Strategie hat sich geändert. Anstelle einer Akquisition plant das Berliner Unternehmen nun, stark in den Aufbau einer eigenen Autohero-Plattform zu investieren, sagte Mitbegründer Christian Bertermann (36) das Manager-Magazin.
Das Unternehmen erhielt für seine Expansionspläne 255 Mio. € von verschiedenen US-amerikanischen Hedgefonds. Rund 80 Prozent des Kapitals fließen in den Bau der neuen Plattform, sagt Bertermann. Auto1 hat bisher hauptsächlich Gebrauchtwagen auf verschiedenen Plattformen gekauft und an Händler verkauft.
Die Autohero-Plattform hatte Auto1 bereits im November 2017 gestartet. Die Gründer von Auto1 haben es jedoch bisher nicht geschafft, das Unternehmen aggressiv aufzubauen. Bisher ist es für die Spitzenreiter Mobile.de und Autoscout24 fast unsichtbar geblieben.
Auto1 ist eines der wertvollsten Start-ups in Deutschland. In der letzten Finanzierungsrunde im Jahr 2018 lag der Wert bei 2,9 Milliarden Euro. Zu dieser Zeit wurde die Runde vom Supertech-Investor Softbank geleitet. Weitere Geber sind Target Global, JP Morgan und Goldman Sachs. Bertermann und Hakan Koc (36), die das Unternehmen 2012 gegründet hat, besitzt jeweils 15,6 Prozent der Anteile.
In den letzten Jahren hat Auto1 ein Netzwerk von 460 Filialen aufgebaut (davon ca. 130 in Deutschland), um Autos zu kaufen, die dann weiterverkauft oder an Händler versteigert werden. Bertermann möchte dieses Netzwerk nun nutzen, um mit Endbenutzern Geschäfte zu machen. Kunden müssen die Autos direkt bei Auto1 kaufen und sie dann kostenlos an die nahe gelegenen WirkaufendeinAuto-Filialen liefern lassen. Beinhaltet 14 Tage Rückgaberecht und 1 Jahr Garantie.
Bertermann kann sich jedoch den dominierenden Online-Marktplätzen nicht entziehen: Autohero-Angebote werden auch über die bestehenden Marktplätze beworben. Das sind also überhaupt keine Konkurrenten, sagt Bertermann. In Zukunft sollten Kunden jedoch nach Möglichkeit an Autohero denken, wenn sie ein gebrauchtes Auto kaufen möchten. Das Modell für das neue Angebot ist der US-amerikanische Anbieter Vroom, der im Juni veröffentlicht wurde und derzeit einen geschätzten Wert von über 6 Milliarden US-Dollar hat.
Der Umsatz brach vollständig ein
Bertermann hofft, dass die Expansion des Unternehmens „genau zum richtigen Zeitpunkt“ erfolgt. Die Koronapandemie erhöht die Nachfrage nach Gebrauchtwagen. Die Pandemie hatte jedoch auch die Berliner Firma hart getroffen. Der Umsatz war auf fast Null gesunken. Straßenverkehrsbüros in ganz Europa wurden geschlossen. „Das hat den Markt praktisch gelähmt“, sagt Bertermann. Manchmal waren mehr als 2.000 der rund 4.200 Mitarbeiter des Unternehmens Kurzzeitarbeiter.
Auto1 hatte die Finanzierungsrunde von 255 Millionen Euro bereits im Frühjahr abgeschlossen. Wie das Manager-Magazin Im April hatte berichtet, der bisherige Auto1-Hauptanbieter Softbank habe nur proportional investiert. Der Technologiefonds ist jetzt da in einer tiefen Krise gestürzt. Hauptinvestoren waren die amerikanischen Hedgefonds The Baupost Group und Farallon Capital Management.
Das Kapital kommt in Form eines wandelbaren Darlehens. Dies bedeutet, dass US-Investoren in der nächsten Finanzierungsrunde entscheiden können, ob sie das Darlehen in Unternehmensaktien umwandeln möchten. Laut Bertermann war dies für Auto1 die günstigste Option, um die Entwicklung des neuen Gewerbegebiets zu finanzieren.
Im vergangenen Jahr konnte Auto1 seinen Umsatz um 21 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro steigern. Das Unternehmen macht weiterhin Verluste. Bertermann zufolge ist das Kerngeschäft des Autokaufs und des Weiterverkaufs an Händler in Kernländern wie Deutschland jedoch bereits rentabel.
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