Aktualisiert am 14. September 2020, 6:27 Uhr
Anne Will bespricht mit ihren Gästen, ob und wie Deutschland den Flüchtlingen auf Lesbos helfen soll. Insbesondere der Soziologe Gerald Knaus plädiert dafür, die Menschen schnell aus Griechenland herauszuholen.
Sonntagabend waren es fünf Tage Das griechische Flüchtlingslager Moria brannte nieder. Seitdem haben mehr als 12.000 Menschen praktisch auf der Insel Lesbos auf der Straße oder im Wald gelebt.
Seitdem diskutieren Politiker, ob und wie diesen Menschen geholfen werden kann. Du musst ihnen schnell folgen Deutschland oder würden Sie das falsche Signal senden?
„Nicht nur ich, viele Kommentatoren haben das Gefühl, dass derzeit viel über die richtigen oder falschen Signale gesprochen wird, sondern nur sehr wenig über konkrete Hilfe für die Menschen dort“, sagt er Anne Will angemessenerweise am Sonntagabend, wenn die Situation Gegenstand ihrer Talkshow ist. Die Studiorunde ist keine Ausnahme.
Wer sind Anne Wills Gäste?
- Annalena Baerbock: Erstens muss vor Ort in Moria aktive Nothilfe geleistet werden, fordert der Grüne Präsident. In einem zweiten Schritt sollten Personen von dort entfernt werden. Sie glaubt nicht daran, auf einen Kompromiss mit anderen EU-Staaten zu warten: „Fünf Jahre lang mit dem Finger auf andere zeigen – das ist keine Politik.“
- Manfred Weber: Der Vorsitzende der christdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament kann sich vorstellen, dass Deutschland mehr Menschen aus Moria haben wird als bisher versprochen. Aber wie sein CSU-Parteimitglied Horst Seehofer soll Weber nur wenn andere EU-Länder teilnehmen. „Das ist die Lektion, die wir alle 2015 gemeinsam gelernt haben.“
- Marie von Manteuffel: Für den Fluchtexperten der Hilfsorganisation „Médecins Sans Frontières“ entsteht derzeit ein „Horrorpanorama“ auf Moria. „Sie leben seit Wochen und Monaten im Schlamm, müssen anstehen und sich mit 160 Menschen eine Toilette teilen.“ Und in Deutschland diskutieren sie immer noch, ob sie akzeptiert werden können oder nicht. „Das ist verrückt.“
- Gerald Knaus: Der Gründer und Direktor des Think Tanks „European Stability Initiative“ ärgert sich über das deutsch-französische Versprechen, 400 Minderjährige aus Moria aufzunehmen. Diese Zahl wurde vor Monaten versprochen – lange bevor Moria niederbrannte. Es konnte also keine Reaktion auf die neuesten Ereignisse sein. „Das ist ein Bluff!“, Sagt der Migrationsexperte.
- Ulrich Ladurner: Der EU-Korrespondent der Wochenzeitung „Die Zeit“ plädiert für einen politischen Konsens zu diesem Thema auf europäischer Ebene und dafür, nicht allein zu handeln. „Wenn Deutschland vorankommen würde, würde dies so interpretiert, dass es nur in anderen europäischen Ländern geschieht.“ Der Journalist glaubt, andere Länder würden sich zurücklehnen.
- Isabel Schayani: Der WDR-Journalist lebt zu Beginn der Sendung live aus Moria. Sie lebt mit einer Familie zusammen, die buchstäblich entlang der Straße leben muss. Schayani berichtet, dass sie den Flüchtlingen in Gesprächen klar gemacht hat, dass ein Land nett ist Griechenland kann entscheiden, ob ich bleiben will oder nicht. „Dann sagen sie, wir verstehen das, aber warum behandeln Sie uns wie Tiere? Und dann bin ich am Ende meiner Reihe. ‚
Wie spät ist es am Abend?
Gerald Knaus ist kein Flüchtlingsaktivist, sondern ein Pragmatiker. Er konzipierte das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, das von Hilfsorganisationen wiederholt kritisiert wurde. Das muss man wissen, um zu verstehen, dass seine Leistung heute Abend sehr emotional ist. Er setzt sich für eine schnelle Lösung der Katastrophe auf Moria ein.
Knaus macht deutlich, dass die Menschen in Moria sicherlich in Europa bleiben werden – weil niemand sie zurücknehmen wird. Gleichzeitig fordern Politiker wie der österreichische Bundeskanzler Kurz, dass sie nicht zu ihnen kommen dürfen, weil mehr Flüchtlinge nach Europa kommen werden.
Knaus kann diese Berechnung nicht verstehen. Das würde bedeuten, dass diese Leute, wie die Gefangenen in Guantánamo, für immer dort bleiben müssten. Das ist nicht möglich.‘
Was ist das Sprachduell der Nacht?
Es gibt wenig Diskussionen – wie erwartet nutzen die beiden Politiker der Gruppe jedoch die Gelegenheit, ihre Ansichten gegeneinander zu äußern. CSU-Mann Manfred Weber betont, dass die Menschheit nur streng zusammenarbeiten kann: Abgelehnte Flüchtlinge müssen in ihre Heimat zurückgeschickt werden.
Er beschuldigt die Grünen, naiv zu sein, wenn sie alle aus dem verbrannten Lager nach Deutschland bringen wollen: „Die Grünen müssen auch die Realität erkennen, wenn sie dafür verantwortlich sind.“
Die Menschheit steht nicht im Konflikt mit der Ordnung, denkt noch einmal Annalena Baerbock. „Diese Passivität – sie schafft Chaos auf Lesbos.“ Der Chef der Grünen befürwortet die Annahme des Angebots von 170 deutschen Gemeinden, die Flüchtlinge aufnehmen wollen und wo Kapazitäten vorhanden sind: „Das wären geordnete Strukturen. Das wären Menschlichkeit und Ordnung zusammen.“
Was ist das Ergebnis?
Die Gruppe spricht teilweise emotional, aber auch sehr pragmatisch und fokussiert auf das Thema. Der Migrationsexperte Gerald Knaus ist sehr bemüht, Menschen aus Griechenland schnell in andere europäische Länder zu bringen – aber er macht auch deutlich, dass dies nicht ausreicht.
Das erste wichtige Signal lautet: „Wir werden die Griechen nicht alleine lassen.“ Im zweiten Schritt müssen Sie erneut mit der Türkei sprechen, die derzeit keine Flüchtlinge mehr aus Europa zurückbringt.
Im Allgemeinen geht es jedoch sehr um politische Signale, die Sie senden oder verhindern möchten. Die Diskussion ist daher aufschlussreich, informativ und reflektierend. Aber es ist auch ernüchternd: Die Menschen in Moria warten immer noch auf eine Entscheidung über das weitere Vorgehen.
Marie von Manteuffel von „Ärzte ohne Grenzen“ sagt am Ende des Programms: „Das Problem ist, dass wir hören, was wir seit 2016 hören.“
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