Am Sonntag beendete die österreichische Regierung in fast allen Bundesländern den befristeten Lockdown, der nach weniger als drei Wochen zu einem leichten Rückgang der Infektionszahlen geführt hatte. Angesichts der rasanten Verbreitung der Omicron-Variante setzt der neue Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die kollektive Immunitätsstrategie seiner Vorgänger Sebastian Kurz und Alexander Schallenberg fort.
Mitte November beschloss die Koalitionsregierung aus ÖVP und Grünen, ungeimpfte Menschen zu verbieten und eine Woche später auf alle auszuweiten, da die Infektionszahlen völlig außer Kontrolle geraten waren. Die Lage in den österreichischen Krankenhäusern war dramatisch. Die hohe Fallzahl führte zur Einführung eines Triage-Systems, bei dem entschieden wurde, wer eine lebensrettende Behandlung erhält und wer nicht. Die Leichenhallen waren voll. Die 7-Tage-Inzidenzrate pro 100.000 Einwohner lag bei über 1.000, in mehreren Bundesstaaten und bei Kindern und Jugendlichen war sie viel höher.
Die Sperrung beschränkte sich auf die gleichen Vorschriften wie zuvor: Einschränkungen beim Verlassen des Hauses, Schließung von Geschäften, die nicht dem täglichen Bedarf dienen, Schließung von Kultur- und Sportstätten in Innenräumen. Schulen und Geschäfte blieben hingegen uneingeschränkt geöffnet.
Obwohl die Maßnahmen viel zu spät kamen und nicht ausreichten, um die steigenden Infektionszahlen überhaupt zu stoppen, führten Kontaktbeschränkungen Mitte November zu einem Rückgang der Infektionen um mehr als 15.000 pro Tag auf zuletzt 5.016. Die Inzidenzrate liegt immer noch knapp unter 400 pro 100.000. Da sich erst nach etwa zwei Wochen ein Rückgang der Krankenhauseinweisungen bemerkbar macht, ist die Zahl der Einweisungen für das Coronavirus in den letzten Tagen nur leicht zurückgegangen.
In dieser Situation hebt die Regierung nun im Wesentlichen alle Maßnahmen auf. Personen mit einem Impf- oder Genesungsnachweis können wieder Restaurants, Hotels, Theater, Kinos und andere Einrichtungen besuchen. Partys sind bis zu 25 Personen drinnen und viele mehr draußen erlaubt. Kinos und Theater bieten Platz für bis zu 2.000 Personen. Auch die Skigebiete nehmen ihre touristischen Aktivitäten wieder auf.
Die Staatsanwaltschaft hat die strafrechtlichen Ermittlungen zur Ausbreitung des Coronavirus in Ischgl eingestellt, in dem sich neben anderen Tiroler Skigebieten zu Saisonbeginn in einem einzigen Monat mehr als 6.000 Menschen aus 45 Ländern infiziert hatten. Etwa 32 der Infizierten sind gestorben und das Virus hat sich von dort aus über ganz Europa verbreitet.
„Es wird keine Anklage erhoben“, teilte die Staatsanwaltschaft Innsbruck mit. Es gebe keine Hinweise darauf, „dass irgendjemand etwas getan oder unterlassen hat, das das Infektionsrisiko erhöht“. Gegen fünf Beamte der zuständigen Behörden wurden Ermittlungen eingeleitet.
Die Bundesländer, in denen die Inzidenz- und Hospitalisierungsraten noch dramatisch hoch sind, verlängern die Maßnahmen nur um wenige Tage: Oberösterreich um eine Woche, Wien, Salzburg, Niederösterreich und Steiermark um einige Tage.
Ab Februar nächsten Jahres gilt die Impfpflicht für alle Personen ab 14 Jahren. Bisher ist die Impfrate mit rund 67 Prozent viel zu niedrig.
Impfpflicht ist notwendig, aber die Regierung weicht nicht von ihrer kriminellen Politik ab. Einerseits ist die Frist im Februar viel zu spät. Andererseits unterstreicht das Aufkommen der Omicron-Variante, dass eine Impfung allein die Pandemie nicht stoppen kann. Dies ist auch nicht das Ziel der Regierung.
Laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), selbst Arzt, soll das Gesetz noch zwei Jahre gültig bleiben. Damit will sich die Regierung auf neue Wellen der Pandemie vorbereiten. Bislang war Mückstein immer ein Gegner der Impfpflicht. Nun sagt er, es werde keine weiteren Vorhersagen über den Verlauf der Pandemie und die Verfahren zu ihrer Eindämmung gemacht.
Wissenschaftler und Ärzte haben die Lockerung der Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Infektion scharf kritisiert. Der geplante „Atemraum“ wird laut Katharina Reich, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, voraussichtlich knapp sein.
Die Coronavirus-Kommission, eine Experten-Beratungsgruppe, geht davon aus, dass sich die Lage durch die Verbreitung der Omicron-Variante bald wieder zuspitzt. Mehrere Mitglieder des Ausschusses weisen auf die anhaltend kritische Lage auf den Intensivstationen hin. So viele Trades wurden verschoben, dass es extrem schwierig wäre, sie alle zu fangen, sagten sie.
Angesichts der Lockerungen sieht der Molekularbiologe Ulrich Elling, der aus medizinischer Sicht sowohl Impfpflicht als auch Sperre begrüßt, die Gefahr, dass sich bereits im Januar oder Februar eine fünfte Welle entwickeln könnte, was gut wäre eins. jene. Den ersten Modellen zufolge wird Omicron ab diesem Zeitraum große Auswirkungen haben. Experten gehen davon aus, dass die Auslastung auf Intensivstationen dann noch zu hoch sein wird, um eine neue Infektionswelle zu bewältigen.
Dessen sind sich die Volkspartei und die Grünen bewusst. Mückstein teilte dem Parlament Anfang des Monats mit, dass die Infektionszahlen noch immer auf einem sehr hohen Niveau seien und die Situation in den Krankenhäusern katastrophal sei. Triage wird nicht nur bei kleineren Operationen eingesetzt, sondern auch bei Operationen bei Krebspatienten. In manchen Fällen müsse entschieden werden, welcher Patient die besten Überlebenschancen habe.
Die Gleichgültigkeit, mit der Mückstein von den brutalen Auswirkungen seiner eigenen Politik spricht, ist charakteristisch für die gesamte Regierung. Der neue Bundeskanzler Karl Nehammer, ein ehemaliger Berufssoldat, gilt als hartnäckiger Verfechter der Innenpolitik und wird in der Presse nicht ohne Grund als „Abschiebungskönig“ bezeichnet.
Dass Nehammers Nachfolger im Innenministerium Gerhard Karner (ÖVP) wird, zeigt, dass sich die Regierung angesichts ihrer skrupellosen Politik auf eine Konfrontation mit der Arbeiterklasse vorbereitet. Karner gilt als Unterstützer und Verteidiger des Austrofaschismus. Im niederösterreichischen Texingtal, wo Karner Bürgermeister war, gibt es ein Museum zu Ehren des österreichischen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß, der dem Faschismus den Weg bereitete.
Dollfuß löste 1933 das Parlament auf und etablierte ein autoritäres Regime nach dem Vorbild des italienischen Faschismus Mussolinis auf der Grundlage der katholischen Kirche und der Heimwehr, das sich aus faschistischen Armeekreisen rekrutierte und Elemente aus dem ländlichen Raum außer Dienst stellte. Wie der deutsche und italienische Faschismus richtete sich das Dollfuß-Regime gegen die Arbeiterklasse und ihre sozialdemokratischen und kommunistischen Vertreter.
Das Museum wird seit langem von Historikern für seine „Hommage“ an den faschistischen Konzernstaat kritisiert. Als Bürgermeister unterstützte und förderte Karner das Museum und lehnte jede Kritik ab. Auch als Innenminister lehnte er eine Stellungnahme ab.
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