Molekül-Telegrafie

Die molekulare „Telegraphie“ war erfolgreich – Forscher senden Moleküle genau wie auf Schienen an ihren Bestimmungsort und zurück

Erster Schritt zum Nanoträger? Zum ersten Mal haben Forscher ein Molekül in einer geraden Linie über eine Oberfläche hin und her geschickt – wie auf Schienen. Das zwei Nanometer lange Molekül bedeckte bis zu 150 Nanometer, ohne vom Verlauf abzuweichen. Diese Technologie ermöglicht neue Einblicke in molekulare Bewegungen, könnte aber auch zu Nanomaschinen führen, die molekulare Komponenten transportieren, wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science“ berichten.

Ob Nano-Autosmolekular Motoren oder U-Boote im Nanobereich: Nanomaschinen könnten zur Technologie der Zukunft werden. Denn mit Hilfe solcher molekularer Roboter Selbst hochkomplexe Komponenten können in extrem miniaturisierter Form konstruiert werden. Es wären sogar ganze Fabriken im Nanomaßstab denkbar, in denen molekulare Helfer die gewünschten Komponenten selbstorganisiert oder von außen gesteuert herstellen.

Das Problem des gerichteten Sendens

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass diese Nanomaschinen gezielt gesteuert werden können. Beispielsweise muss es möglich sein, Moleküle gezielt von einer Quelle über große Entfernungen zur „Baustelle“ zu transportieren. Hierfür könnte eine Art Nanoträger verwendet werden, der wie eine Lokomotive auf einem festen Weg fährt und an dem die gewünschten Moleküle einfach befestigt sind.

Die chemische Struktur des Dibromoterfluorenmoleküls verleiht ihm günstige „Transporteigenschaften“. © Leonard Grill / Universität Graz

Das Problem ist jedoch, dass die richtige Bewegung der Moleküle und ihre Tendenz, den kleinsten störenden Einflüssen zu folgen, eine präzise Bewegungssteuerung schwierig machen. Auf festen Oberflächen können sie durch elektrische oder magnetische Felder grob in eine Richtung gelenkt werden. Bisher war eine genauere Steuerung jedoch nur möglich, wenn die Moleküle direkt mit einer Atompinzette oder der Spitze eines Rastertunnelmikroskops erfasst und bewegt wurden.

Molekularer Transport auf einer Silberplatte

Aber es gibt noch einen anderen Weg, wie ein Experiment von Donato Civita von der Universität Graz und seinen Kollegen zeigt. Es ist ihnen erstmals gelungen, ein Molekül in gerader Linie über eine längere Distanz zum Ziel und wieder zurück zu schicken. Obwohl die Oberfläche aus einer glatten Silberschicht bestand, bewegte sich das Molekül in einer geraden Linie und zielgerichtet wie auf Schienen zwischen Sender und Empfänger.

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Möglich wurde dies durch die besonderen Eigenschaften des Transportermoleküls und die Verwendung von zwei Spitzen eines Rastertunnelmikroskops (RTM). Die Forscher verwendeten Dibromoter Fluoren (DBTF) als Transporter, ein fadenartiges Molekül, das aus drei flexibel gekoppelten Fluoreneinheiten und einem Bromatom an jedem Ende besteht. Diese etwa zwei Nanometer langen Moleküle sind in ihrer ursprünglichen Form zunächst unbeweglich, reagieren jedoch dank ihrer Dipoleigenschaften auf elektrische Felder.

Entlang einer Reihe von Atomen wie auf Schienen

Die Übertragung beginnt, wenn eine STM-Spitze das Transportermolekül in eine bestimmte Ausrichtung dreht. Infolgedessen ist es genau parallel zu einer Reihe von Atomen auf der Silberbasis. Wenn die Senderspitze ein abstoßendes elektrisches Feld erzeugt, die weiter entfernte Empfängerspitze jedoch ein attraktives, bewegt sich das DBTF-Molekül entlang der silbernen Atomreihe von einer Spitze zur anderen – wie durch Zauberei und in einer perfekt geraden Linie.

Konstruktion
Versuchsaufbau (links) und Spur des im STM sichtbaren molekularen Transports. © Leonard Grill / Universität Graz

„Obwohl die Oberfläche atomar flach ist, bewegen sich die Moleküle nur in eine Richtung, nur entlang einer einzigen Reihe von Atomen“, berichtet der leitende Autor Leonhard Grill von der Universität Graz. In den Bildern des Rastertunnelmikroskops konnte diese Bewegung als gerader, heller Streifen auf dem dunklen Metallhintergrund gesehen werden. Während dieses Hin und Her legten die Moleküle Entfernungen von bis zu 150 Nanometern zurück – das 75-fache ihrer eigenen Länge.

„Während dieses Prozesses konnten wir auch messen, wie viel Zeit das Molekül dafür benötigt, und so seine Geschwindigkeit bestimmen“, sagt Grill. Demnach erreicht diese „molekulare Post“ mindestens eine Geschwindigkeit von bis zu 0,1 Millimetern pro Sekunde.

Neue Möglichkeiten für Grundlagenforschung und Nanotechnologie

Diese Technologie eröffnet nun eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten – sowohl für die Grundlagenforschung als auch für nanotechnologische Anwendungen. „Durch die Untersuchung der Bewegung einzelner Moleküle erhalten wir Einblicke in die physikalischen und chemischen Prozesse, die für die Molekulardynamik chemischer Reaktionen relevant sind“, erklärt Grill. Gleichzeitig können bestimmte molekulare Einheiten und ihre Informationen auch über große Entfernungen mit hoher Präzision „gesendet“ werden.

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Auch Friderich Esch und Barbara Lechner von der Technischen Universität München sehen in der Arbeit von Grill und seinem Team einen wichtigen Schritt: „Das Experiment stellt eine nahezu ideale Sender-Empfänger-Konfiguration dar, über die Atomfracht übertragen werden kann“, schreiben sie in einem Begleitschreiben Dokument Kommentar in „Wissenschaft“. Dies könnte ein erster Schritt in Richtung Nanoträger für den Aufbau komplexerer Komponenten sein. „Die Möglichkeiten wären endlos – aufregende Zeiten liegen vor uns“, schließen sie. (Wissenschaft, 2020; doi: 10.1126 / science.abd0696)

Quelle: Universität Graz, Wissenschaft

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